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Dorf.Gesundheit.Digital

Der ländliche Kreis Höxter möchte mit seinem Modellprojekt „Dorf.Gesundheit.Digital“ engagierten Dorfgemeinschaften die Möglichkeit bieten, digitale Gesundheits- und Pflegeanwendungen bedarfsgerecht zu erproben. Durch die Einrichtung von Gesundheitskiosken werden innovative Lösungen direkt zu den Menschen gebracht. Ziel ist es, Antworten auf die Herausforderungen der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu finden und die digitale Kompetenz zu stärken.

„Dorf.Gesundheit.Digital“ ist eine wegweisendes Projekt im Kreis Höxter, das darauf abzielt, digitale Gesundheits- und Pflegedienste in ländlichen Gemeinden zu erproben und die digitale Kompetenz der Bürger:innen zu stärken. In einer Zeit, in der die Digitalisierung immer mehr Bereiche des Lebens durchdringt, ist es entscheidend, auch im Gesundheitswesen innovative Technologien zu nutzen, um die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern. Das Ziel ist, Lösungen für die Herausforderungen des ländlichen Gesundheitswesens zu finden, die oft durch eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdiensten und einem Mangel an Fachpersonal gekennzeichnet sind. Durch die Einrichtung von Gesundheitskiosken in den Ortschaften und durch die Schulung von ehrenamtlichen Gesundheits- und Pflegelotsen wird den Menschen vor Ort die Möglichkeit gegeben, digitale Gesundheitsanwendungen im vertrauten Umfeld zu testen, sich mit deren Nutzung bekannt zu machen und mögliche Vorbehalte gegenüber neuen Technologien abzulegen. Das Projekt strebt nicht nur an, Lösungen für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu finden, sondern auch die digitale Kompetenz der Einwohner:innen in ländlichen Regionen zu stärken. Durch Schulungen und Trainings werden die Menschen befähigt, die neuen Technologien selbstständig zu nutzen und von den Vorteilen digitaler Gesundheitsanwendungen zu profitieren.

Die Bevölkerungsstruktur in ländlichen Räumen ist von alternden Menschen geprägt, die gegenwärtig und zukünftig auf gut erreichbare Versorgungsangebote des Gesundheits- und Pflegebereichs angewiesen sind. Strukturelle Probleme liegen auf der Hand: Fachärzte sind nur mit Überwindung langer Wegstrecken zu erreichen und oft nur in den größeren Städten zu finden. Trotz aller Anreize, Werbung und guter Angebote gibt es kaum junge Ärzte, die nach ihrem Studium bestehende Landarztpraxen übernehmen wollen. Auf einen Termin für eine Psychotherapie wartet Menschen in ländlichen Regionen teilweise mehrere Monate. Zudem werden regionale Krankenhäuser geschlossen, Abteilungen zusammengelegt und bewährte Therapieangebote aus Kostengründen ersatzlos gestrichen.

Parallel wandert die jüngere Generation aus den ohnehin geburtenschwachen Jahrgängen in urbane Räume ab. Bankschalter, Geschäfte und Gaststätten werden geschlossen, Gottesdienste finden nur noch an wenigen Sonntagen statt, so dass diese sozialen Treffpunkte (sogenannte Dritte Orte der Begegnung) für Dorfgemeinschaften oder kommunale Nachbarschaften ersatzlos wegfallen und fehlen. Die Herausforderung besteht darin, Daseinsvorsorge neu zu denken und deren praktische Umsetzung den jeweiligen regionalen Bedarfen anzupassen. „Dorf.Gesundheit.Digital“ knüpft an eine Reihe erfolgreich durchgeführter Digitalisierungsprojekte nahtlos an, um ländliche Regionen zu stärken und attraktiver zu gestalten.

Das Projekt „Dorf.Gesundheit.Digital“ erstreckte sich über einen Zeitraum von etwa zweieinhalb Jahren und umfasste mehrere Schlüsselphasen zur erfolgreichen Umsetzung der digitalen Gesundheits- und Pflegeinitiative in den ländlichen Gebieten des Kreises Höxter.

Nachdem im ersten Schritt die Projektstellen im September und Oktober 2022 besetzt werden konnten, konzentrierte sich das Team auf den Aufbau der Projektstruktur und die Vernetzung mit Kooperationspartnern. Es wurden Schulungsmaßnahmen konzipiert und die erste Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um das Projekt bekannt zu machen.

Anschließend wurde der Fokus auf die Gewinnung und die Auswahl projektbeteiligter Dörfer und Gesundheits- und Pflegelotsen gelegt. Dieser Prozess wurde kontinuierlich bis zum Projektende durchgeführt. Die Organisation von Infoveranstaltungen in den Dörfern und die Auswahl der digitalen Anwendungen zur Erprobung waren ebenfalls wichtige Meilensteine in dieser Phase.

Anfang des Jahres 2023 wurden die ersten Schulungen für die Gesundheits- und Pflegelotsen durchgeführt und die Gesundheitskioske mit IT-Equipment eingerichtet. Die Erprobung der digitalen Anwendungen begann in den beteiligten Dorfgemeinschaften, begleitet von regelmäßigen Netzwerktreffen und weiterer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Mitte bis Ende 2023 wurde der Fokus auf die fortlaufende Gewinnung und Auswahl weiterer projektbeteiligter Dörfer sowie Gesundheits- und Pflegelotsen gelegt. Die Erprobung der digitalen Anwendungen lief kontinuierlich weiter, unterstützt durch weitere Schulungen und Netzwerkveranstaltungen. Die Ausschreibung und Einrichtung einer E-Learning-Plattform wurde abgeschlossen, sodass der offizielle Start der Plattform im August 2023 erfolgen konnte.

Das Projekt endete Anfang 2024 mit einer Abschlussveranstaltung, bei welcher der Landrat des Kreises Höxter die Gesundheits- und Pflegelotsen auszeichnete und mit diesen in den Austausch ging. Die projektbeteiligten Dörfer werden zukünftig über das Ende der Laufzeit hinaus unterstützt und beraten.

Die Gesundheitskioske sollen den Menschen vor Ort die Berührungsängste mit neuen Technologien und Gesundheits- und Pflegeanwendungen nehmen. Die ehrenamtlichen Lotsen erklären sich bereit, sich mit den Anwendungen vertraut zu machen und ihr Wissen mit ihrer Dorfgemeinschaft zu teilen. Dafür wurden die Kioske mit moderner Technik ausgestattet. Sie bildet die Grundvoraussetzung für das Erproben der Gesundheits- und Pflegeanwendungen. Die Dörfer haben je nach Bedarf Tablets, Smartboards und Beamer und weiteres IT-Equipment erhalten. Die zu erprobenden Gesundheits- und Pflegeanwendungen wurden sorgfältig unter Beteiligung der Bürger:innen vom Projektteam ausgewählt. Die Dörfer wurden mit der benötigten Hard- und Software ausgestattet und befähigt, die neuen Technologien selbständig zu nutzen. Nachfolgend sind einige Beispiele für die Anwendungen aufgelistet:

  • Smartwatches: Sie können den Blutdruck und den Sauerstoffgehalt des Blutes sowie die Anzahl der Schritte pro Tag und die Schlafqualität messen. Diese Messergebnisse können für den Hausarzt ausgelesen und bei der Therapie bestimmter Symptome hilfreich sein.
  • VR-Brillen: Sie ermöglichen es, dass andere Orte visuell entdecken werden können. Dies ist unter anderem gedacht für immobile Menschen oder Menschen mit Demenzerscheinungen, die sich gerne an zurückliegende Reisen und Erfahrungen erinnern möchten.
  • Sturz-App: Die App ermöglicht per Videoanalyse über das Smartphone und Fragebogen eine Mobilitätsanalyse, die dazu beiträgt, Sturzrisiken zu erkennen und zu minimieren.

Die Schulung der Gesundheits- und Pflegelotsen war in drei Hauptbereiche unterteilt, um sicherzustellen, dass sie die erforderlichen Kompetenzen erwarben, um ihrer Dorfgemeinschaften bei der Erprobung digitaler Gesundheits- und Pflegeanwendungen kompetent zu begleiten.

  1. Projektmanagement und Didaktik

In diesem Bereich wurden die Lotsen in den Bereichen Projektmanagement, Didaktik und Methodik geschult, um ihnen die notwendigen Fähigkeiten zur Koordination und Steuerung von Digitalprojekten in ihren Ortschaften zu vermitteln. Zusätzlich erhielten sie Schulungen zu Datensicherheit und -management sowie Social Media-Kommunikation, um ihre Wissensvermittlungsfähigkeiten zu verbessern.

  1. Politische Rahmenbedingungen und Digitalstrategie im Gesundheitswesen

Die Schulungsinhalte dieser Säule vermittelten den Lotsen Kenntnisse über die politischen Rahmenbedingungen für digitale Gesundheits- und Pflegeanwendungen. Sie erhielten Einblicke in die Digitalstrategie im Gesundheitswesen und lernten, welche Anwendungen politisch unterstützt werden. Themen wie E-Health-Gesetzgebung und die elektronische Patientenakte wurden behandelt.

  1. Einweisungen

Hier erhielten die Lotsen Schulungen zu den verschiedenen digitalen Anwendungen, die in den Gesundheitskiosken erprobt wurden. Die Schulungen wurden größtenteils im Online-Format durchgeführt, um allen die Möglichkeit zu geben ortsunabhängig teilzunehmen. Präsentationen und weitere Schulungsunterlagen wurden auf der dafür eingerichteten E-Learning-Plattform bereitgestellt. So können die Lotsen flexibel und mobil darauf zugreifen.

Das Modellvorhaben wurde vom Kreis Höxter umgesetzt. Es wurde unterstützt von der Volkshochschule Diemel-Egge-Weser und der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Kreis Höxter. Außerdem gab es eine enge Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Kreis Höxter, der katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge und der Netzwerk Pflege des Kreises Höxter. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Förderprogramm Heimat 2.0.

Informationen Landkreis

Kreis Höxter
Fläche: 1.201 km²
Einwohner:innen: 143.756 (2023)
116 Einwohner:innen je k

Stand des Projektes: am 31.03.2024 abgeschlossen

Offizielle Abschlussveranstaltung: 24.04.2024