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Interkommunales Projekt LoReNa

Zwei Frauen sitzen auf einem Sofa. Eine hält einen Laptop in die Kamera, auf dem die Anwendung LoReNa geöffnet ist. Die andere Frau hält einen Korb voller Gemüse, auf dem LoReNa steht.
Frische Lebensmittel aus der Region sollen nach Online-Bestellungen schnell geliefert werden. Direktvermarkter, Bäcker, Metzger und Händler, die mitmachen möchten, suchen die LoReNa-Projektmanagerinnen Ulrike Schulze Tomberge (l.) und Jana Friedrich. Foto: Gemeinde Senden

Das interkommunale Modellvorhaben „LoReNa – lokal, regional, nachhaltig“ möchte die regionalen Versorgungsstrukturen der neun beteiligten Kommunen aus dem Kreis Coesfeld und dem Kreis Warendorf durch die Nutzung von Online-Marktplätzen stärken. Lokale Einzelhändler, Dienstleister und Direktvermarkter erreichen durch die virtuelle Vermarktung ihrer Waren und Dienstleistungen eine höhere Sichtbarkeit, die Verbraucher:innen profitieren wiederum von der digitalen Verfügbarkeit und Bezugsmöglichkeit regionaler Produkte und Dienstleistungen. Das Projekt wird im Rahmen des Modellvorhabens Heimat 2.0 durchgeführt.

„LoReNa – lokal, regional, nachhaltig (ein- und verkaufen)“ ist ein interkommunales Modellvorhaben im Münsterland, das zum Ziel hat, die Versorgungsstrukturen in der Region durch die Nutzung von Online-Marktplätzen zu stärken. Dabei sollen sowohl die Rahmenbedingungen regionaler Wertschöpfung für die Unternehmen als auch für die Bürger:innen der Landkreise verbessert werden. Konkret unterstützt LoReNa lokale Einzelhändler, Dienstleister und Direktvermarkter dabei, ihren Betrieb online zu präsentieren und ihre regionalen Waren in einem Online-Shop zu verkaufen. Die genutzte digitale Infrastruktur soll dabei allen Interessierten zugänglich sein und weder bestimmte Unternehmens- noch Verbrauchergruppen ausschließen. Stationäre Einzelhändler und regionale Direktvermarkter erreichen durch die Nutzung eines digitalen Marktplatzes eine höhere Sichtbarkeit und erhalten einen zusätzlichen Vertriebskanal für ihre Produkte. Die angeschlossene Lieferlogistik für Frischeprodukte erspart den Direktvermarkter:innen den zeitintensiven Einsatz von eigenen Mitarbeiter:innen für die Auslieferung der Waren und schont durch optimierte Fahrrouten die Umwelt. Die Verbraucher:innen profitieren wiederum von einer Stärkung der regionalen Einkaufsmöglichkeiten, sparen sich lange Anfahrtswege und auch ländlich wohnende, mobilitätseingeschränkte Bürger:innen werden an die Versorgung mit frischen Lebensmitteln angebunden.

Aktuell sind neun Kommunen aus dem Kreis Coesfeld sowie dem Kreis Warendorf an dem Projekt beteiligt: Ascheberg, Billerbeck, Coesfeld, Drensteinfurt, Havixbeck, Nottuln, Rosendahl, Senden und Sendenhorst. Langfristig kann das Angebot auch auf weitere Kommunen übertragen werden.

In einer Zeit, in der Online-Handel boomt und zeitgleich ein Leerstand von Geschäften in den Innenstädten zu verzeichnen ist, braucht es insbesondere in ländlichen Räumen neue Optionen, um die Wertschöpfung vor Ort zu erhalten und regionale Angebote präsentieren zu können. Das LoReNa-Projekt hat es sich daher zum Ziel gesetzt, mithilfe eines digitalen Angebotes die ländliche Region als Wirtschaftsstandort zu stärken und die Nahversorgung der Bürger:innen zu verbessern.

Nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie nimmt der Online-Handel einen immer größeren Stellenwert in der Wertschöpfungskette ein. Endverbraucher:innen schätzen die große Auswahl und schnelle Verfügbarkeit von Waren, die sich ihnen im Online-Geschäft bieten – da braucht auch der regionale Markt eine gute Repräsentanz. Wenn auch die heimischen Produkte bis an die eigene Haustür geliefert werden, wird der Vorsprung großer Online-Händler geringer und die regionale Wirtschaft gewinnt an Attraktivität gegenüber globalen Anbietern.

LoReNa verspricht zudem einen nachhaltigen Lösungsansatz für Produzenten von Obst und Gemüse. Diese können ihre Waren aufgrund von gestiegenen Produktionskosten und geringeren Abnahmepreisen zum Teil nicht mehr gewinnbringend verkaufen, so dass die Ernte auf dem Acker bleiben muss. Die Möglichkeit der Direktvermarktung bietet hier den lokal ansässigen Produzenten einen Weg, ihre Ware auch ohne den Umweg über Groß- oder Einzelhändler in der Region zu verkaufen.

Zu Beginn des Projektes wurde zunächst mittels einer Bestandsanalyse überprüft, welche Online-Angebote zur Vermarktung von Waren und Dienstleistungen bereits vorhanden waren. Um ein besseres Verständnis für die aktuelle Lage sowie Bedarfe von Unternehmen und Verbraucher:innen zu erhalten, wurde im nächsten Schritt eine Markt- und Logistikanalyse durchgeführt. Um die Erwartungen zukünftiger Kund:innen und Anbieter zu erheben, sowie die wahrgenommenen Vor- und Nachteile bestehender Marktplatzanbieter bei der eigenen Projektumsetzung miteinbeziehen zu können, wurden Gespräche mit potenziellen Anbietern sowie eine Umfrage mit potenziellen Kund:innen zum Online-Einkaufsverhalten durchgeführt.

Des Weiteren wurden die aktuellen Gegebenheiten und Voraussetzungen für die logistische Umsetzung eines regionalen Online-Marktplatzes analysiert. Unterstützung haben sich die Projektmitarbeiter: innen von LoReNa für die Analyse an der Fachhochschule Münster gesucht. Unter der Leitung von Professor Vallée haben die Studierenden des Studienganges Logistik herausgearbeitet, welche Herausforderungen die logistische Umsetzung des Projektes auf Grund der ländlichen Lage der Region mit sich bringt und potenzielle Lösungsansätze generiert.

Basierend auf den Ergebnissen der Bestands- und Bedarfsanalyse wurde entschieden, ein Zwei-Säulen-Modell zu verfolgen. Während bei den Direktvermarktern die Anforderungen an die Frischelogistik eine der zentralen Aspekte des regionalen Online-Handels sind, vertreiben die Einzelhändler eher kleinere und häufiger wechselnde Sortimente. Um diesen unterschiedlichen Bedarfen gerecht zu werden, entschied sich das Projektteam für eine Trennung und Nutzung von zwei bereits existieren Plattformen: für den Einzelhandel die Plattform „www.Regional-bei-dir.de“ und für frische Lebensmittel die Plattform „www.Wochenmarkt24.de“.

Über den Online-Marktplatz „Wochenmarkt24“ können lokale Erzeugnisse direkt vom Produzenten eingekauft und über eine angeschlossene Lieferlogistik unter Einhaltung der Kühlkette an die Endverbraucher:innen ausgeliefert werden. Die Plattform „Regional bei dir“ bietet grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit an, die Waren online zu vertreiben, verfügt aber zum aktuellen Zeitpunkt über keine angeschlossene Lieferlogistik, so dass die Anbieter den Versand oder die Abholung im Laden selbst organisieren müssen. Der Mehrwert für den regionalen Einzelhandel besteht daher zur Zeit vor allem darin, über ein Online-Schaufenster für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu verfügen. Hierfür können sich regionale Einzelhändler während der Projektlaufzeit kostenlos ein Firmenprofil auf der Plattform anlegen.

Das Projektteam agiert dabei als Schnittstelle zwischen den Plattformen und den regionalen Händlern, Dienstleistern und Direktvermarktern, informiert Unternehmen und Bürger:innen in der Region über die Möglichkeiten des regionalen Online-Handels und minimiert mögliche Hürden für Kund:innen und Anbietern bei der Nutzung der Plattformen.

Das LoReNa-Projekt wird im Rahmen des Modellvorhabens Heimat 2.0 gefördert. Gestartet ist das Projekt im Juli 2021 mit der Analyse der Markt- und Logistiksituation in der Projektregion, der operative Projektstart folgte im Juli 2022. Die Laufzeit des Projektes ist auf Ende März 2024 festgelegt. Zwei Projektleiterinnen (eine in Vollzeit, eine in Teilzeit) werden durch eine teilzeitbeschäftigte Projektassistenz unterstützt. Die neun teilnehmenden Kommunen aus den Kreisen Coesfeld und Warendorf sind über ihre Wirtschaftsförderungen sowie der Wirtschaftsförderung des Kreises Coesfeld an LoReNa beteiligt und werden in der Regel auch durch diese in Abstimmungsrunden mit dem Projektteam vertreten.

Um LoReNa in der Region bekannt zu machen, wurde eine Projekt-Website erstellt (lorena-westfalen.de). Auf dieser werden das Vorhaben und das Projektteam vorgestellt, über aktuelle Termine berichtet und Kontaktdaten für interessierte Verbraucher:innen und Händler bereitgestellt. Zudem wird für die Kommunikation des Projektes sowohl auf kommunale Presseberichte als auch auf Bekanntmachungen durch den E-Mail-Verteiler der Wirtschaftsförderungen, der Kreishandwerkerschaft und des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes gesetzt. Zum jetzigen Zeitpunkt sei das Projekt nach Einschätzung der Projektmitarbeitenden bereits gut bekannt in der Region. In einem nächsten Schritt ist angedacht, Postkarten zu drucken, die Konsumenten mit in die Einkaufstüte gesteckt werden und so zu einer noch höheren Sichtbarkeit des Projektes auf Verbraucherseite führen können.

Die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit innerhalb des Projektes haben bisher dazu geführt, dass beide Plattformen in der Projektregion an Bekanntheit gewonnen haben und insbesondere das Konzept der Direktvermarktung auch im Kreis Coesfeld angekommen ist. Die Plattform „Regional bei dir“ wird bereits von regionalen Einzelhändlern – bisher primär als Online-Schaufenster – genutzt, für die Direktvermarktung sollen im Rahmen von LoReNa weitere interessierte Anbieter gefunden und die Plattform zu Ostern 2023 online geschaltet werden.

Trotz bisheriger Erfolge des Projektes gibt es auch einige Herausforderungen bei der Einführung von regionalen Online-Markplätzen zu beachten. Gerade der Einzelhandel ist zurzeit mit großen Herausforderungen konfrontiert, wie der Inflation, der Schwierigkeit, insbesondere im ländlichen Raum Nachfolger für inhabergeführte Unternehmen zu finden sowie dem generellem Personalmangel. Dadurch wird auch auf Neuerungen eher vorsichtig-verhalten reagiert. Die Direktvermarkter und Unternehmen im Lebensmittelhandwerk sind dagegen besonders von den steigenden Energiepreisen betroffen, die einen starken Einfluss auf die bestehenden Logistikkosten haben und zeigen bisher ein teils zurückhaltendes Interesse an LoReNa. Hier versucht das Projekt, so zu planen, dass keine hohen Kosten aus Anbietersicht entstehen, um die Nutzung eines Online-Marktplatzes für die regionalen Händler auch auf lange Sicht finanzierbar zu gestalten. Durch die Entscheidung, bestehende Plattformen zu nutzen, soll das Fortbestehen durch finanziell tragfähige Dienste auch nach Ende der Projektlaufzeit gewährleistet werden.

Eine weitere Herausforderung für den Erfolg von LoReNa besteht darin, dass gerade die Einzelhändler eine Anmeldung auf der Plattform scheuen. Während die Direktvermarkter als sehr technikaffin wahrgenommen werden, ist bei den kleineren Einzelhändlern die aktive Unterstützung des Projektteams beim Onboarding auf die Plattform wichtig. Im Rahmen von LoReNa konnten interessierte Anbieter bspw. auf professionell geschriebene Onboarding-Texte und die Bereitstellung von Informationen in einem kurzen Leitfaden zurückgreifen. Auch Corona spielte eine Rolle bei der Projektumsetzung: Während die COVID-19-Pandemie zwar dazu führte, dass Online-Handel und digitale Angebote stärker genutzt wurden, stellt sich nun die Herausforderung, dieses Tempo auch weiterhin zu halten bzw. mit einer wieder geringer werdenden Nachfrage umzugehen. Zugleich muss der regionale Markt mit großen stationären Discountern und Online-Anbietern wie Amazon konkurrieren – dabei hilft es, den Nachhaltigkeitsfaktor der Regionalität zu betonen und über den Preisvergleich zu stellen. Es gilt, den Vorteil nachhaltig erzeugter und qualitativ hochwertiger Produkte und Dienstleistungen aus der Region herauszustellen.

Entgegen der ursprünglichen Projektausrichtung hat sich allerdings gezeigt, dass gerade bei den Direktvermarktern die Nähe zu Münster essenziell für die Anbindung an ein bestehendes Logistiknetzwerk und damit die Tragfähigkeit des Modells ist. Ohne ein dichter besiedeltes Oberzentrum rentieren sich die Logistikkosten für die Anbieter in ländlichen Gebieten kaum, so dass es schwierig ist, privatwirtschaftliche Unternehmer zu finden, die den Versand der Waren in die Region sicherstellen, ohne ebenfalls eine größere Stadt in der Umgebung miteinzubeziehen. Die anfangs durchgeführte Markt- und Logistikanalyse war daher besonders wichtig, um solche Anforderungen von Beginn an in der Projektumsetzung mitdenken zu können. Auch ist es unabdinglich, die Akteure vor Ort einzubeziehen und im besten Fall zunächst eine Akteursanalyse durchzuführen. Durch die Organisation von LoReNa in einem Förderprogramm profitiert das Projekt darüber hinaus von der Vernetzung mit anderen Regionen. Im Spreewald und in Bayern werden bspw. ähnliche Projekte vorangetrieben. Durch regelmäßige Absprachen und Online-Treffen können gemeinsame Herausforderungen besprochen und neue Impulse und Ideen ausgetauscht werden.

Informationen Landkreis

Neun Kommunen aus dem Kreis Coesfeld und dem Kreis Warendorf: Ascheberg, Billerbeck, Coesfeld, Drensteinfurt, Havixbeck, Nottuln, Rosendahl, Senden und Sendenhorst

Stand des Projekts: laufend